beim metzger

seit tagen versucht mein verstand einen gemeinsamen nenner meiner vergangenen beziehungen zu männern zu finden. vergeblich. keine antwort auf die brennenden fragen: was zeichnet sie alle aus? was verbindet sie? wo ist der rote faden meiner liebschaften? auch das bild der frühsten angebeteten verblasst immer wieder ob der neusten geschichten mit ihnen. sei es eine heisse nacht mit einem ex-knacki aus der türkei. mit dem habe ich vielleicht drei sätze gewechselt, ansonsten habe ich ihm die ohren vollgeredet, mich zwischendurch in den glutaugen des vis-à-vis verloren und stundenlang an seinem hals gerochen. am nächsten morgen verschwand er lautlos. seither habe ich nichts mehr von ihm gehört und kennen tue ich ihn auch überhaupt nicht. ich weiss nur, ich habe grosse lust, ihm mal etwas über anstand und kommunikation zu erzählen. oder einfach, dass man mit mir nicht nicht-kommuniziert in diesem leben und auf dieser welt.

oder sei es die odysee der versuche, eine gemeinsame zukunft zu basteln mit einem coiffeur aus jordanien, den ich im sinai in einer doofen house-disco kennen- und verknallen gelernt hatte. monatelange skype-sessions, austausch von belanglosigkeiten und wichtigen informationen über unser beider leben. die schiere verzweiflung über ein abgelehntes touristenvisum und mein erleichtertes aufatmen nach der entscheidung, keine heirat mit diesem unreifen kerl einzugehen machten die geschichte rund.

gerade ist ein angehender pädagoge aktuell, der früher ein schreiner war und dessen vater ein weingut besitzt in irgend einer gegend des landes, wo der dialekt zum scheissen ist. man denke sich seine sache dabei. aber, und das lässt auf meinen hauseigenen wertekodex schliessen, brachte er mir eine geschmackvolle klangglocke aus japan zum essen mit. das essen habe ich aus lauter aufregung über eine richtige verabredung versaut und der sex danach war eher mässig, weil wir vor dem fulminanten ende aufhören mussten, da wir uns irgendwie nicht völlig hingeben konnten. dann kommen noch ein paar verkorkste sms und telefonate hinzu und fertig ist der haferbrei, der mich zurzeit umschliesst wie eine warme pappe aus undefinierbarem essen, welches mir irgendwie nicht wirklich schmeckt.

es gab da auch ein paar wirklich gelungene männer in meinem leben. zum beispiel einer meiner exfreunde. den habe ich an der fasnacht aufgerissen, ein verhärmter, streunender kater mit einem verstand aus gold und einem umsetzungsvermögen aus blech. er nistete sich bei mir und meiner freundin ein, brachte uns säckeweise secondhand kleider von der strasse mit nach hause und liess sich von mir mit seinem pimmel auf brot und mit senf drauf fotografieren. nach mehreren rauswürfen fand er endlich eine wohnung, die aussah wie eine müllhalde und wo er sich tagelang verkroch um irgendwelchen schrägen tönen nachzugehen und in irgendwelchen sphären rumzuhängen. nach guten zwei jahren hielt ich seine lebensweise nicht mehr aus. das tut jetzt seine mitbewohnerin, die ihm putzt und mit welcher er wohl alt werden wird.

weitere zwei jahre später kam ich mit seinem jugenfreund zusammen, mit dem ich bis dahin eine rein freundschaftliche beziehung gepflegt hatte. der ist, nach wiederum zweier jahre beziehung mit allem drum und dran, heute wieder mein bester freund. letzte woche haben meine beiden exfreunde zusammen ein konzert gegeben. es war wirklich abgefahren.

da kommt mir doch auch die geschichte mit dem bänker aus unserer grössten stadt in den sinn. die ist zum niederknien. man stelle sich vor, die cousine feiert hochzeit, unsereins geht – notabene als einzige vertreterin des entsprechenden familienzweiges– pflichtbewusst und mit einem richtig heftigen kater hin. da schreitet man, möglichst aufrecht, an einem samstag morgen auf dem gemieteten schlossgut über die grüne wiese auf die gesellschaft zu und was sticht einen unangenehm ins auge? ein sonnenbebrillter lackaffe im anzug mit einem verdächtig echten jack nickolson grinsen. als der seinen mund auftat um mich zu begrüssen, dachte ich, ich bin im falschen film. am liebsten hätte ich ihm auf der stelle die zunge rausgestreckt und war es mir sehr geräuig, dass ich schon vor 20 jahren meine irokesenfrisur losgeworden war und – standesgemäss – ein kleidchen trug. wir waren die einzigen beiden singles, was mich bei ihm nicht wunderte. irgendwie landeteten wir bei ihm zu hause auf dem sofa und schauten uns stundenlang kiffend tai-chi videos an. das ganze dauerte ein gutes halbes jahr und das ende war eigentlich ganz dramatisch. er als mitglied der freien christengemeinde oder so irgendeiner sekte, fühlte sich von seinem gott ermahnt, sich eine anschmiegsame frau zu suchen und so ertrug er mich nicht länger. enttäuschung der verwandten ob meines leichtsinns, mir solch eine gute und nette partie entgehen zu lassen. zeit für kinder wäre es doch allemal gewesen. erleichterung meinerseits, da sowieso kein spiesserdasein geplant war und ich mir meine zukunft nicht hemdenbügelnd und windelnwechselnd vorstellen kann.

aber eben, wie soll sie denn sein, meine zukunft? ich fühle mich, wie wenn ich beim metzger vor einem fünf meter breiten glastresen voller hammelkäulen, lebern, hähnchen, halben säuen und kälbern stehen würde und der metzger fragt mich zum hundertsten mal „was darfs denn sein?“ und ich weiss einfach nicht, worauf ich zeigen soll und was und wieviel ich mit nach hause nehmen will. ich stehe still aber die zeit nicht. und zum hundersten mal frage ich mich „was darfs denn sein?“.

salomonia salmonelle