mondsüchtig

manchmal dünkt es mich, als ob der mond irgendwie nicht mehr der gleiche ist, wie vor ein paar jahren. dann lauf ich so rum und alles sieht anders aus. ich weiss ehrlich nicht, woran es liegt, denn es kann irgendwie nicht sein, dass mir jemand im schlaf die augen ausgetauscht hat. die sind immer noch gleich blau wie als ich zwei jahre alt war. vielleicht gucke ich an manchen tagen einfach etwas anders aus der wäsche als sonst. aber mit einem haufen alter, dreckiger socken will ich mich dann schon nicht vergleichen – ich würde sagen eher mit einem schönen designerfummel. nein, irgendwie ist mir das auch recht unsympatisch. wenn ich mir überlege, was ein karl lagerfeld so alles rauslässt in seinem alter. ich würde kein kleid tragen wollen, das von dem seinen verschrumpelten lederbehandschuhten fingern (wahrscheinlich mit kretze darunter) angefasst worden ist. vielleicht hat er sich vorher sogar in seiner nase rumgefummelt oder sich die hand in den hals für den ultimativen brechreiz geschoben. abstossend ist der gedanke, mal abgesehen vom preis. vielleicht gucke ich manchmal etwas anders zu meinem körper raus. drum sieht dann der mond anders aus als früher. ich bin der dirigent, der meinen körper dirigiert. so wie in einer kommandozentrale sitze ich in meinem kopf und schau aus diesen grossen augenhöhlen raus in die welt. das gefällt mir. dann sage ich meinem verstand, er soll gefälligst die augen bewegen und sich mal so den mond angucken. dann soll er verstehen, wie der mond aussieht, mir mal die farbe, die form und die helligkeit des lichts rübersenden und dann muss mein verstand in seinen verstaubten schubladen rumkramen, bis er eine findet, wo „mond früher“ draufsteht, sie öffnen und einen vergleich anstellen mit dem, was dort drin ist und das dann irgendwie werten. das ist wirklich kompliziert. kein wunder, finde ich den mond irgendwie nicht mehr gleich wie früher. wenn man bedenkt, was da an fehlerquellen so alles vorhanden ist. krass. einer klassischen isozertifizierung würde mein menschenapparat definitiv nicht standhalten. man müsste die abläufe richtig profund analysieren, sie rationalisieren und gesamthaft optimieren. vielleicht müsste man sogar ein paar körperfunktionen entlassen, damit der cash flow wieder stimmt. grausam. ich bin richtig froh, dass die amis das noch nicht gemerkt haben und es die schweizer deshalb noch nicht kopieren konnten. der mond hat wirklich viele gesichter.

saskia sonnhalder